Monday 29 September 2014

AUGEundOHR: weibliche COUNTRYBAND

Dick's Pine Ridge Mocking Birds, early all female Countryband, 1937

CD-TiPP: 

Various Artists - FLOWERS IN THE WILDWOOD / WOMEN IN EARLY COUNTRY MUSIC (Trikont)

Monday 22 September 2014

SYLVIE COURVOISIER: Erstes Trioalbum

Pianistische Fantasien


 cw. Das Jazzpianotrio hat in den letzten zwei Jahrzehnten eine Renaissance erlebt. Brad Mehldau, das Esbjörn Svensson Trio und The Bad Plus konnten dem klassischen Jazzformat neue Facetten abgewinnen. Die Pianistin Sylvie Courvoisier aus Lausanne, die seit 15 Jahren in New York lebt, hat bisher einen Bogen um die Dreierformation gemacht. Zu erdrückend erschien ihr das Gewicht der Tradition. Jetzt hat Courvoisier in Triobesetzung ein bemerkenswertes Album eingespielt. Es enthält neun eigene Kompositionen, die vielfarbig schimmern, oft von abrupten Brüchen gekennzeichnet sind und rasch ihre Gestalt verändern.

Dabei lotet die Pianistin die ganze Bandbreite der Jazzstile aus. Das Spektrum reicht von schnörkellosem Swing bis zu freiem Powerplay und beschwört die gegensätzlichsten Stimmungen herauf – von versonnen bis aufbrausend. Schon im Eröffnungsstück stehen sich zwei Motive gegenüber: ein eher zupackend-markantes reibt sich an einem träumerisch-romantischen. Manchmal durchzucken dabei schrille Akkorde wie grelle Blitze die musikalische Landschaft.

Mit Drew Gress am Baß und Kenny Wollesen am Schlagzeug hat sich die 46jährige der Unterstützung von zwei der besten Sideman der New Yorker Szene versichert.  Die beiden sind in der Lage, den Tastenexkursionen bis in die feinsten Verästelungen zu folgen, verstehen aber auch solistisch Akzente zu setzen. Das Rhythmusteam bringt einen elastischen Swing in die Musik ein und schafft so eine geschmeidige Grundlage, auf der Courvoisier ihre pianistischen Fantasien ausleben kann. Manchmal greift sie ins Innere des Flügels und läßt einzelne Töne metallisch aufklingen, um blitzschnell wieder zur konventionellen Klanglichkeit zurückzukehren. In ihrer Spielweise fließen vielerlei Einflüsse zu einer individuellen Handschrift zusammen.

Sylvie Courvoisier Trio: Double Windsor (Tzadik)

Die Besprechung erschien zuerst in der NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (NZZ)

Monday 1 September 2014

Andreas Schaerer & Lucas Niggli: Arcanum

Paradiesvogelgesang

Phänomenales Debutalbum von Andreas Schaerer und Lucas Niggli
 
cw. Manchmal macht es Sinn, ganz zum Anfang zurückzugehen: Andreas Schaerer (Gesang) und Lucas Niggli (Schlagwerk) haben eine Auszeit von ihren regulären Gruppen (Hildegard lernt fliegen bzw. Zoom) genommen, um im Duo den Urgründen der Musik nachzuspüren. Allein auf Stimme und Trommeln beschränkt, verwandeln sie die Limitierung in ein Mittel der Entgrenzung und loten die Möglichkeiten ihrer beiden Klangerzeuger aus. Wenig puristisch machen sie dabei auch dezent von digitaler Elektronik Gebrauch.

Schaerer zieht alle Register und nutzt seinen Rachenraum als Quelle archaischer Laute. Einem Schamanen gleich, schlüpft er in imaginäre Tierhäute und gurrt, faucht, kräht, grunzt und röhrt. Niggli schlägt dazu die Ritual-Trommeln, klöppelt auf Becken, Gongs und Tambourinen und läßt Klangschalen sowie andere Perkussionsinstrumente aufklingen. Wie ein Stummfilmgeräuschemacher erzeugt er die verblüffensten Soundeffekte.
Jedes Stück gleicht einem kleinen Hörspiel, das jeweils eine andere Klangwelt heraufbeschwört. Gleich zu Beginn meint man in eine Walpurgisnacht-Orgie geraten zu sein, bei der Dämonen und Kobolde wild durcheinander toben und kreischen. Dann geht es in die Berge, wo ein vielschichtiges Echo den einzelnen Jodel mit Hilfe einer ‘Delay’-Vorrichtung zum Chor anschwellen läßt. Danach begeben sich die beiden in tropische Gefilde mit Paradiesvogelgesang, um anschließend beim Karneval in Rio aufzutauchen. Mit großem Können und noch größerer Fantasie brechen Andreas Schaerer und Lucas Niggli zu musikalischen Abenteuern auf, die in Klangzonen vorstoßen, wo erst wenige gewesen sind.

Neuerscheinung: Andreas Schaerer / Lucas Niggli: Arcanum (Intakt)

Die Besprechung erschien zuerst in der NZZ.