Sunday 14 December 2014

BEST OF 2014

Von Voodoo-Funk bis Ethno-Rock

Neun Musiker und Musikerinnen empfehlen die besten Alben von 2014


Justin Adams (Bath, England / Gitarrist von Robert Plant & The Sentational Space Shifters)

Mein Sohn hält mich mit HipHop und Dubstep auf dem Laufenden, wobei ich das Gefühl habe, dass diese Stilrichtungen der echte Rock ‘n’ Roll von heute sind. Angel Haze ist eine Rapperin mit fetten Beats und einer starken Haltung, ihr Album ‘Dirty Gold’ (Universal / Island) hat mich beeindruckt. Auch der Drummer Dave Smith, der mit mir bei Robert Plant spielt und auch in meiner eigenen Gruppe Juju am Schlagzeug saß, hat mit seiner Band Fofoulah eine kleine ‘Live’-EP (Loop Records) produziert, die sehr interessat ist. Sabar-Rhythmen aus dem Senegal verbinden sich mit cooler Elektronik und losem poly-rhythmischen Spiel – toll!

Irène Schweizer (Zürich, Schweiz / international bekannte Schweizer Jazzpianistin)

Es kommen nonstop CDs auf dem Markt, die ich fast alle musikalisch belanglos finde - schade!  Da ich viel lieber Musik ‘live’ höre, kaufe ich mir selten neue CDs. Aber mein neues Album ‘Spring’ (Intakt Records) mit dem Saxofonisten Jürg Wickihalder gefällt mir ziemlich gut. Doch Selbstlob ist ja eigentlich nicht erlaubt! 







Alex Neilson (Glasgow, Schottland / Drummer und Sänger der Gruppen Trembling Bells, Death Shantis und Crying Lion)

2014 gab es fantastische Alben von ein paar Freunden und Kollegen von mir: ‘Voices from Rented Room’ (Drag City) von New Bums zählen dazu, auch Elisa Ambrogios’ ‘The Immoralist’ (Drag City) sowie Current 93 mit ‘I Am The Last Of The Field That Fell’ (The Spheres). Aber die Veröffentlichung, die mich wirklich umgehauen hat, war ‘The Complete Basement Tapes’ von Bob Dylan, die auf Columbia Records erschien. Es ist ein riesiger Behälter von Folk- und Country-Songs, auch Improvisationen, Lieder, die einfach so im Vorbeigehen entstanden sind. So klingt Dylan, wenn er total entspannt und am fruchtbarsten ist. Er legt dann die Fessel ab, die ‘Stimme einer Generation’ zu sein und kann direkt aus seinem überschießenden kreativen Jungbrunnen schöpfen. Und seine Begleitgruppe The Band erweckt die Musik auf erfinderische und sinnliche Weise zum Leben.

Peter Brötzmann (Wuppertal / international bekanntester deutscher Jazzsaxofonist)

Meine letzte Neuerwerbung war ein Album mit dem Titel: ‘Dinah Jams’ (Waxtime Records) von der amerikanischen Jazzsängerin Dinah Washington, ‘live’ aufgenommen 1954 und vor einiger Zeit wiedererschienen. Da gibt es eine Version von ‘Lover Come Back To Me’, und da kommen mir fast die Tränen. Da ist alles drin, was (Jazz-)Musik ausmacht: eine ungeheure Sensibilität in allen Bereichen! Aber auch der Rest ist großartig, mit einer Sängerin, an der sich die jungen Sängerinnen von heute gleich mal ein paar grosse Scheiben abschneiden könnten. Und drei hervorragende Trompeter sind auch dabei - Clifford Brown, Maynard Ferguson, Clark Terry, dazu der fantastische Schlagzeuger Max Roach.


Mulatu Astatke (Addis Abeba, Äthiopien / Vibrafonist und Bandleader mit weltweitem Erfolg)

Seit sieben Jahren mache ich ein Radioprogramm in Addis Adeba, das ich mit ein paar Freunden betreibe, was eine Neuheit für Äthiopien war.  Ich habe die Sache in letzter Zeit etwas ruhen lassen, weil ich viel unterwegs war: Konzerte überall auf der Welt,


Schallplattenaufnahmen etc. Jetzt mache ich mit dem Radioprogramm weiter und werde zuerst ein Album spielen, das mir ein Freund aus Deutschland gegeben hat. Es ist die fantastische CD ‘Beyond Addis’ (Trikont). Sie präsentiert die internationale Szene des ‘Ethio-Jazz’, einer Musik aus äthiopischen Melodien und psychedelischen Rock- und Jazzklängen, die ich in den 70er Jahre erfunden habe. Heute lassen sich junge Musiker auf der ganzen Welt davon inspirieren und spielen diesen Stil. Das freut mich, weshalb ich dieses Album nur wärmstens empfehlen kann.


Jan Weissenfeldt (alias JJ Whitefield, München / Gitarrist der Poets of Rhythm, der Whitefield Brothers und von Karl Hector & The Malcouns)
 Foto: Dennis Pernath
Die ‘Phin’ ist ein traditionelles Instrument, das in Ost-Thailand und Laos beheimatet ist und mit der Gitarre verwandt ist. In den 70er Jahren wurde es elektrifiziert, was eine moderne Version des klassischen Molam-Stils hervorbrachte. Gepaart mit traditionellen Trommeln aber auch westlichen Instrumenten wie Schlagzeug und E-Bass ist es die aktuelle Musik bei Hochzeiten, Familienfeste und Strassenumzüge in Thailand. Khun Narin, einer der populärsten elektrischen ‘Phin’-Spieler ist der erste, der seinen hypnotisch-psychedelischen Ethno-Rock ausserhalb Thailands veröffentlicht. Die CD heisst Khun Narin’s Electric Phin Band (Innovative Pleasure) und ist ein akustisch-exotischer Trip, der seinesgleichen sucht.

Lu Edmonds (London, England / Gitarrist von John Lydon’s PiL und den Mekons)

Ein paar junge vitale Musiker und Produzenten aus dem Iran gaben mir das Album ‘Jooy-e-Noghre-ye-Mahtab - Duo for Setar & Tombak’ von Navid Afghah auf der diesjährigen Weltmusik-Messe "Womex". Die CD enthält total außerirdische Musik gespielt auf der dreisaitigen Setar-Laute und der Tombak-Handtrommel, sehr schön aufgenommen. Das ist traditionelle Musik mit atemberaubenden musikalischen Wendungen, die problemlos an die beste klasssiche Musik des Westens heranreicht. Die Musiker spielen derart beseelt, dass man nur staunen kann: sehr sensibel und leicht, und doch voller Leben und Schwung! Aber ihr Zusammenspiel ist das eigentliche Wunder - manchmal sehr explosiv! Diese CD führt die Ohren in einen Raum, den man nur selten betritt.

Markus Acher (Weilheim, Bayern / Sänger von The Notwist, Post-Rockband mit weltweitem Erfolg)
 The Notwist mit Markus Acher (ganz rechts)
Schwierig, die eine liebste Platte dieses Jahres zu bestimmen, aber meine liebste Sun Ra-Platte haben auf jeden Fall das Duo Shabazz Palaces mit "Lese Majesty" veröffentlicht. Die Erinnerung an HipHop in einer ins All davonkreiselnden Weltraumsonde ... Afrika und der Mond .... Anfang und Ende der Zivilisation zusammengetrommelt in die Hallspirale.





Nik Bärtsch (Zürich, Schweiz / Pianist und Bandleader der Zen-Funk-Band Ronin)

Mein Album für 2014 ist ‘Race’ von Dee Day Dub. Die Band attackiert mit anarcho-futuristischem Voodoo-Funk, als ob sie auf einem fernen Planeten in einer freakigen Bar vor Spacepiraten und bizarren Wesen um ihr Leben spielen würde. Die Working-Band hat ein Flair für kauzige Grooves, trippeldeutige Texte und schräge aber eingängige Melodien.


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