Sunday 25 January 2015

Tradition & Wandel: UELI DERENDINGER spielt Shakuhachi

Weltabgewandt

Shakuhachi-Musik aus der Schweiz


cw. In Japan kennt man die Bambusflöte Shakuhachi als Musikinstrument der Komuso-Bettelmönche. Wenn sie das Kloster verlassen, um mit ihrem Flötenspiel Geld zu verdienen, tragen sie über dem Kopf einen geflochtenen Korb, um auch außerhalb der Klostermauern abgewandt von der Welt zu sein. Ihr Spiel dient der Versenkung, ist eine Art Ton-Meditation. Ueli Derendinger, Querflötist aus Olten, hat sich nach Japan begeben und sich in diese asiatische Musiktradition vertieft.

In Japan hat Derendinger gelernt, die Shakuhachi rauh und heißer zu blasen, mit einem Ton, der zugleich asketisch und doch zerklüftet-vielschichtig klingt. Wie bei einer Kalligrafie zeichnet der Schweizer klare Linien, läßt die Melodie hoch in die Luft steigen, um sie sturzflugartig wieder heruntergleiten zu lassen.
Auf seiner aktuellen Einspielung sind zehn Stücke enthalten. Sieben davon entstammen dem klassischen Shakuhachi-Repertoire, drei hat Derendinger selbst komponiert. In seinen eigenen Kompositionen geht er über den Rahmen der Tradition hinaus. In einem Stück verwandelt er die Bambusflöte in eine Trommel, indem er auf den Grifflöchern mit den Fingern klopft. Ein andermal verdichtet er Triller zu flirrenden Tonkaskaden. Manchmal steigt er in die tiefsten Register hinab, um die Obertonreihe der Holzflöte hörbar zu machen. Es heißt, dass man durch das Blasen eines einzigen Tons, wenn er stark genug ist, Erlösung finden kann. Ueli Derendinger ist auf der Suche nach diesem einen Ton.


Ueli Fuyuru Derendinger: Tsuru No Sugomori (Percaso)

Die Besprechung erschien ursprünglich in der NZZ.

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